PIER 36

Vollzug in freien Formen

Pier 36 ist ein Projekt des Vollzugs in freien Formen. Diese Vollzugsform bietet die Möglichkeit, eine Haftstrafe außerhalb der Justizvollzugsanstalt zu verbüßen.

Das sozialpädagogisch betreute Wohnprojekt richtet sich an inhaftierte Männer aus sächsischen Justizvollzugsanstalten, welche nach Erwachsenenstrafrecht verurteilt sind und bei denen ein Unterstützungswunsch oder -bedarf im Rahmen der verbleibenden Haftzeit angezeigt ist. Eine Unterbringung im Projekt kann mindestens sechs und maximal zwölf Monate betragen. Die Teilnahme ist freiwillig. Über die Haftzeit hinaus ist zudem eine Nachbetreuung auf Wunsch hin möglich.

Den Teilnehmern des Projekts werden in einem geschützten und verbindlichen Rahmen Erprobungsmöglichkeiten zur langfristigen sozialen und beruflichen Wiedereingliederung unter Realbedingungen geboten. Hierbei werden sie intensiv durch die sozialpädagogischen Fachkräfte begleitet und unterstützt. Bis zur Aufnahme eines Arbeits- bzw. Beschäftigungsverhältnisses oder einer Ausbildung, werden die Bewohner zudem unter Aufsicht eines qualifizierten Arbeitsanleiters in handwerkliche und hauswirtschaftliche Tätigkeiten eingebunden.

Pier 36 bietet neben vier möblierten Einzelzimmern eine Gemeinschaftsküche, einen Freizeitraum sowie Sanitäranlagen und eine Waschmaschine zur Nutzung.

Die Arbeit im Wohnprojekt zielt grundlegend darauf ab, schädliche Haftfolgen zu vermeiden und straffällig gewordene Menschen bei der Integration in ein eigenverantwortliches und straffreies Leben zu unterstützen. Mittels der wohnortnahen Unterbringung innerhalb eines Wohngruppensettings soll darüber hinaus ein Erprobungsrahmen hinsichtlich eigener Veränderungswünsche und gesellschaftlicher Anforderungen geschaffen und ein frühzeitiger Zugang zu den für die Wiedereingliederung relevanten Lebensbereichen (bspw. Finanzen, Wohnraum, Beschäftigung, medizinische Regelversorgung, soziale und kulturelle Netzwerke) ermöglicht werden.

Ziele der pädagogischen Arbeit mit den Bewohnern sind:

  • Die Stärkung einer positiven Selbstwahrnehmung
  • Die Entwicklung und Umsetzung von Lebensperspektiven und Zielen
  • Der Aufbau einer stabilen und sicheren Entlassungssituation
  • Die Förderung und Entwicklung eines straffreien Lebens
  • Die Unterstützung bei der beruflichen Orientierung sowie die Entdeckung und Förderung eigener Ressourcen

Mit der gezielten und individuellen Begleitung innerhalb eines strukturierten und verbindlichen Wochenplans werden die Projektteilnehmer bei der Erreichung ihrer persönlichen Ziele sowie den festgeschriebenen Maßnahmen des Vollzugs- und Eingliederungsplanes unterstützt.

Vermittlungs- und Vorbereitungsphase

  • Interessensbekundung durch den Strafgefangenen oder Vorschlag durch die JVA an den VSR Dresden e.V.
  • Kennenlernen der Mitarbeitenden und des Interessierten im Rahmen von Besuchen in der JVA wie auch einer persönlichen Besichtigung des Projektes
  • Prüfung der Aufnahme durch den VSR Dresden e. V. sowie der Anstaltsleitung
  • Gemeinsame Einschätzung der Eignung im Rahmen der Vollzugsplankonferenz und Entscheidung zur Aufnahme
  • Zustimmung des Strafgefangenen, die vorgesehenen Regeln, Maßnahmen und Ziele der Nutzungsvereinbarung (inkl. Hausordnung) und des Vollzugs- und Eingliederungsplans umzusetzen
  • weiterhin Einzelgespräche und Briefkontakt zum Beziehungsaufbau und zur individuellen Projektplanung

 Aufnahme- und Umsetzungsphase

  • Aufnahme ins Wohnprojekt
  • Anmeldung des Hauptwohnsitzes auf die Adresse des VSR Dresden e. V.
  • Abschluss einer Nutzungsvereinbarung inkl. Hausordnung
  • Umsetzung der individuellen Arbeitsinhalte/Zielstellungen, wie: Förderung sozialer Kompetenzen (Konfliktbewältigung, Einübung lebenspraktischer Fähigkeiten, etc.), Steigerung des Selbstwertgefühls, verbindliche tagesstrukturierende Maßnahmen zur schrittweisen Verselbstständigung in der Alltagsgestaltung, finanzielle Grundsicherung, Integration in Arbeit/ Beschäftigung/ Ausbildung, Unterstützung bei der Schuldenregulierung

Ablöse- und Entlassungsphase

  • schrittweise Ablösung von den Projektstrukturen und den Mitarbeitenden
  • Möglichkeit der befristeten Anschlussbetreuung von bis zu 12 Monaten durch die Projektmitarbeitenden sowie Vermittlung in am Bedarf orientierte spezialisierte Unterstützungsformen
  • 15 Abs. 4 SächStVollzG

1Der Vollzug kann mit der Zustimmung des Gefangenen in freien Formen durchgeführt werden. 2Absatz 2 gilt entsprechend.“

  • 15 Abs. 2 Satz 1 SächStVollzG

„Die Gefangenen sollen im offenen Vollzug untergebracht werden, wenn sie dessen besonderen Anforderungen genügen, insbesondere nicht zu befürchten ist, dass sie sich dem Vollzug entziehen oder die Möglichkeit des offenen Vollzugs für Straftaten missbrauchen.“

Zudem ist die Gewährung von Lockerungen gemäß § 38 Abs. 1 Pkt. 4 SächStVollzG erforderlich zur Teilnahme am Vollzug in freien Formen.

Ihre Ansprechpartner_innen

Yannic Eggert; Thomas Eisenhardt;                        Michael Kittler; Ronja Schlepper

Tel. 0351 I 402 08 31