HEIMSPIEL

Ein Resumee gelingender Übergangsgestaltung

Projektbeschreibung

In Kooperation mit dem Sächsischen Staatsministerium der Justiz, der Jugendstrafvollzugsanstalt Regis-Breitingen und dem Verein für soziale Rechtspflege Dresden e.V. entwickelte sich das Projekt HEIMSPIEL. Die zentrale gesetzliche Grundlage bildete hierbei § 19 Abs. 3, Satz 1 SächsJStrVollzG als Möglichkeit der Gewährung eines Langzeitausgangs.

In der, mit vier Bewohnerzimmern ausgestatteten, separaten Wohnetage innerhalb des Vereinsgebäudes erhielten die Teilnehmer mittels praktischer, sozialpädagogischer Arbeit die Gelegenheit, relevanten Themen der Entlassungsvorbereitung (z.B. finanzielle Absicherung, Wohnraum- und Arbeitssuche, gesundheitliche Versorgung, Aufbau eines Hilfenetzwerkes) und deren organisatorischen Umsetzung zu bearbeiten. Als zentrales pädagogisches Mittel diente u.a. die gemeinsame Alltagsgestaltung in Form von Mahlzeiten, einer vereinsinternen Arbeitseinbindung (sofern kein externes Beschäftigungsverhältnis bestand), gemeinschaftlicher Freizeitgestaltung am Wochenende sowie zahlreicher geplanter bzw. ungeplanter Gesprächsangebote. Dieser enge Betreuungsrahmen sowie die lösungs- und ressourcenorientierten Haltung der Mitarbeitenden ermöglichte intensive Arbeitsbeziehungen zu den jungen Menschen, um ggf. auch scham-, konflikt-, oder krisenbehaftete Fragestellungen zu bearbeiten/ bewältigen.

Von Oktober 2011 bis März 2019 erhielten 52 junge Männer die Gelegenheit ihre Entlassung aus dem (Jugend)Strafvollzug wohnortnah im Projekt HEIMSPIEL vorzubereiten.

Verschiedene Entwicklungen der zurückliegenden Jahre führten dazu, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob neben der prekären Finanzierungslage für den Doppelhaushalt 2019/2020 an einer Arbeit festgehalten werden kann, die sich immer weiter von einer sozialpädagogischen Grundausrichtung entfernt. Aufgrund dieser Tatsache(n) erfolgte die schwierige Entscheidung das Projekt zum 31.05.19 einzustellen.

Herausforderungen der Übergangsgestaltung

Um den kritischen Lebensabschnitt einer Inhaftierung adäquat zu verarbeiten, benötigt es personenbezogene, gesellschaftliche, politische und ökonomische Ressourcen. Diese sind unabdingbar, um den negativen Auswirkungen entgegenwirken zu können, die Sanktionsformen im stationären Kontext auf die Fortentwicklung des Legalverhaltens junger Menschen mit sich bringen. Da sich diese Auswirkungen in Form von reduzierten Teilhabemöglichkeiten sowie sozialen und existentiellen Problemlagen in der Regel auf das Leben nach der Haft beziehen, kann ein Justizvollzug dem nur ansatzweise gerecht werden. Entsprechend ausgerichtete Behandlungsmaßnahmen des Vollzuges bieten zwar eine Wissensvermittlung, eine notwendige praktische Erprobung dessen fehlt allerdings in der Regel.

HEIMSPIEL nahm sich dieser Notwendigkeit an, blieb jedoch hinsichtlich der durchschnittlichen Belegungszahlen von 39 % weit hinter seinen Möglichkeiten.

Ein zentraler Grund hierfür besteht in der vom aktuellen kriminalpolitischen Klima beeinflussten restriktiven Lockerungspraxis, die an die Gewährung von Langzeitausgängen in das Projekt sehr hohe Zugangsvoraussetzungen stellt.

Trotz des Risikos von missbräuchlichem Umgang bilden vollzugsöffnende Maßnahmen eine notwendige Grundlage um das geforderte Ziel einer sicheren und stabilen Entlassungssituation erreichen und damit ein straffreies Leben begünstigen zu können.

Zur gelingenden Ausgestaltung einer Übergangseinrichtung sind folgende Punkte unabdingbar:

  • Übertragung der Fallverantwortung an die Übergangseinrichtung

Dies dient der Möglichkeit einer angemessenen pädagogischen Reaktion auf jugendtypisches Verhalten wie etwa dem Hinterfragen und Übertreten bestehender Normvorstellungen. Es schafft Realbedingungen zum Überprüfen, Verändern und Verwerfen eigenen Handelns und kann alternative und dialogische Reaktionsformen ausschöpfen.

  • Institutionsübergreifende Zusammenarbeit und autonomes Handeln

Mithilfe einer interdisziplinären und institutionsübergreifenden Zusammenarbeit kann es gelingen, bestehende Systemlogiken des Straffvollzuges sowie der Übergangseinrichtung zu verstehen und Handlungsweisen anzuerkennen.

Auch wenn Projekte wie HEIMSPIEL von ihrer räumlichen Lage her, außerhalb des Systems Strafvollzug verortet sind, so bleiben sie als weiteres Zahnrad der sogenannten „Wiedereingliederung“ ein ausgegliederter, übergangsorientierter Bestandteil dieses Systems, dessen Autonomie und selbstbestimmtes, konzeptbasiertes Handeln es zu berücksichtigen, zu akzeptieren und zu wahren gilt.

Dies kann mit einem Verständnis für die Logik des jeweils anderen ermöglicht werden und bedarf der entsprechenden Austauschmöglichkeiten auf Augenhöhe.

Kontaktdaten

Tel. 0351 | 4020820

Email an: heimspiel@vsr-dresden.de